„Ich bin ich. Du bist du.
Ich bin verantwortlich für mein Leben und du bist für deines verantwortlich.
Ich bin nicht dazu da, um deine Erwartungen zu erfüllen,
noch bist du dazu da, um meine zu erfüllen.
Wenn sich unsere Wege kreuzen, ist das wunderschön, aber wenn nicht, werden wir uns getrennt voneinander fortbewegen müssen.
Weil ich mich selbst nicht liebe, wenn ich mich selbst verrate, nur um dich glücklich zu machen.
Ich liebe auch dich nicht, wenn ich will, dass du bist, wie ich das möchte, anstatt dich so zu akzeptieren, wie du bist.
Du bist du und ich bin ich.“
Fritz Perls
Die Gestalttherapie ist ein psychotherapeutisches Verfahren, das sich weniger an dem traditionellen medizinischen Krankheitsmodell und festgelegten Normen davon orientiert, also daran, was als „gesund” und „krank” gilt. Auch wird in der Gestalttherapie das Verhältnis von Therapeut*in und Klient*in als eines definiert, in dem Therapeut*innen Begleiter und Unterstützer sind und die Klient*innen die Experten ihrer selbst. Darum sprechen Gestalttherapeut*innen auch nicht von „Patient*innen” sondern von „Klient*innen“; wichtig ist ihr die Vielseitigkeit von Menschen und deren Vorstellungen davon, wie sie mit anderen Menschen und der Welt insgesamt in Kontakt sein und sich dadurch individuell entwickeln wollen.
Gestalttherapeut*innen wollen dieser Vielfalt von Individualität gerecht werden. Sie fördern die persönliche Veränderung ihrer Klient*innen, indem sie sie dabei unterstützen, mit sich selbst und anderen Menschen aktiv neue Erfahrungen zu machen, auf lebendige Weise neue Erlebens- und Verhaltensweisen zu erlernen und bestehende Schwierigkeiten zu überwinden. Frederick S. Perls, der die Gestalttherapie gemeinsam mit seiner Frau Lore Perls (beide ursprünglich Psychoanalytiker) sowie mit Paul Goodman (Sozialkritiker und Schriftsteller) begründete, sagte einmal „zu lernen heißt, zu entdecken, dass etwas möglich ist”.
Die Tatsache, dass wir nur einen ganz geringen Prozentsatz unseres gesamten Potenzials ausschöpfen, ist der Tatsache geschuldet, dass wir nicht dazu bereit sind, uns selbst zu akzeptieren.
Fritz Perls
Deshalb wird in einer Gestalttherapie nicht nur geredet, sondern auch ausprobiert und experimentiert: mit Verhaltensweisen, körperlichen Bewegungen und Haltungen, mit Gedanken, Gefühlen und Einstellungen, und zwar sowohl mit den altbekannten als auch mit möglichen neuen. Es werden möglichst alle Bereiche menschlicher Erfahrung einbezogen und erforscht, der zwischenmenschliche Bereich, der emotionale, der körperliche und der intellektuelle. Gestalttherapeut*innen sind überzeugt, dass nur alle Bereiche gemeinsam jene ganzheitliche Gestalt bilden, die einen Menschen ausmacht — daher auch der Begriff „Gestalttherapie”.
Das alles findet auf lebensnahe, realistische Art statt, und bezieht sich primär auf das aktuelle Leben der Klient*innen. Der für die Gestalttherapie typische Stil zeigt sich auch darin, dass ein*e Gestalttherapeut*in seine/ihre Klient*in trotz dessen Qualifikation nicht in der Rolle eines oder einer überlegenen Expert*in gegenübertritt. Er/Sie begegnet ihnen vielmehr als ein persönlich erkennbarer, verständnisvoller Mensch, der sie mit Interesse und Engagement auf ihrer Entdeckungsreise begleitet. Seine/Ihre Qualifikation besteht in seinen/ihren Kompetenzen als Begleiter*in, die er/sie sich in seiner/ihrer Ausbildung und der eigenen Therapie erworben hat. Aus dieser anregenden und zuverlässigen Begleitung können sich für die Klient*innen eine Menge Ermutigung und Sicherheit ergeben, die sie für ihren zwar manchmal beängstigenden und mühevollen, aber immer auch bereichernden Veränderungs- und Entwicklungsprozess benötigen.